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DAB+: Privatradios in Berlin/Brandenburg | |
Ein städtischer Ballungsraum wie die Hauptstadt Berlin mit ihrem Speckgürtel sollte ein ideales Betätigungsfeld für den Hörfunk - auch digital - abgeben. Ein gemeinsames Vorgehen bietet sich auch an, weil beide Bundesländer ihre Medienangelegenheiten über die Zweiländer-Medienanstalt MABB betreiben.
Privatradios senden seit dem Neustart 2011 digital in Berlin. Der private Hauptstadt-Multiplex kam - nach einem Kanalwechsel in den Block 7B und dem Umstieg vom alten DAB auf DAB+ im April 2012 - in die Gänge. Das Angebot konnte wesentlich erweitert werden, unterlag aber bis 2017 einer vergleichsweise hohen Fluktuation. Und es fehlte an Angeboten für die Hörer in der Fläche Brandenburgs.
Die Medienanstalt MABB Mitte entschloss sich daher 2017, den Berliner Mux neu zu ordnen und bei Bedarf einen Brandenburg-Mux zu installieren. Dass dieser auch für Berlin im Block 12D koordiniert wurde brachte den Durchbruch.
Starker Andrang für beide Bundesländer
Nachdem 24 Bewerbungen, darunter 15 für Brandenburg, eingegangen waren, sei es das Ziel, „jedem zugelassenen Antragsteller einen Platz in seinem Wunschbouquet zuweisen zu können“, kommentierte MABB-Direktorin Anja Zimmer. Die Vergabe der Sendeplätze erfolgte Ende Januar 2018 für Berlin an 14 und für Brandenburg an neun Sender. Eine weitere Ausschreibung erhöhte die Belegung auf 16 (Berlin) bzw. 15 (Brandenburg) Programmplätze. Damit waren die Ressourcen im Grunde ausgeschöpft.
Das neue Programmangebot sendet seit Ende August 2018 auf zwei Frequenzen. Für Berlin blieb es bei der Verbreitung vom Alexanderplatz im Kanal 7B. Für Brandenburg wurden Sendeanlagen in Booßen (Frankfurt/Oder), Calau (Cottbus) und am Alex aufgeschaltet. Die
Versorgung soll so für ganz Brandenburg ausreichen und die Einbeziehung des Berliner Fernsehturms ermöglicht den Empfang auch beim Durchqueren der Hauptstadt.
Nimmt man das Jahr der Ausschreibung 2017 als Ausgangspunkt, bestätigt die damalige Haushaltsausstattung mit DAB+-Radios von 13,9 Prozent (bundesweit 15,1 Prozent) ein ausreichendes Hörerpotenzial. Laut Digitalisierungsbericht Audio 2019 waren das 17 Prozent. Das verteilt sich auf Berlin mit 20,7 (+19) Prozent und Brandenburg mit 16,6 (-11) Prozent. Beide Länder liegen weit unter dem Bundesschnitt von 23,7 Prozent. Der rückläufige Wert für Brandenburg wird laut dem mit der Erhebung beauftragten Institut Kantar durch die statistische
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DAB+-Ausstattung. Grafik: Digi-Bericht Audio 2019 (klicken zum Vergrößern). |
Schwankungsbreite verursacht.
Seit 2018 kann man in der Hauptstadt und Umgebung zwischen mehr als 60 und Programmen wählen. In der Brandenburger Fläche sind - nach vollem Betrieb des zweiten Bundesmux 2021 - mehr als 50 Programme zu hören. Dazu trägt der RBB etliche Regionalkanäle von Antenne Brandenburg und RadioEins bei.
Auch Russlands Auslandssender ist Staatsrundfunk
Bemerkenswert ist der Umstand, dass der MABB-Medienrat die Neubewerbung von Megaradio SNA ablehnte. Das Programm wurde nach einem Rechtsstreit Ende Februar 2019 endgültig abgeschaltet. Begründet wurde das mit der täglichen Zulieferung von 12 Programmstunden gegen Bezahlung durch den russischen Regierungssender Rossija Segodnya. Megaradio konnte „den Medienrat nicht davon überzeugen, dass das Programm vollständig unter ihrer alleinigen medienrechtlichen Verantwortung steht“. Zum Hintergrund gehört auch die Bewertung von Rossija Segodnya als Staatssender (und Teil der russischen Auslandspropaganda) - in Deutschland ist staatlich veranstalteter Rundfunk laut Grundgesetz nicht zulässig.
Erstmals in Berlin: Radio in arabischer Sprache
Im November 2019 hatte die MABB deutschlandweit erstmals eine Zuweisung für den Block 7B an ein wesentlich in arabischer Sprache produziertes Programm vergeben. Radio Arabica ging am 2. April 2020 On Air. Eine zweite Zuweisung ging an Mega Radio Berlin. Nach dem Entzug der Zulassung für Mega Radio SNA vom gleichen Veranstalter aus Bayern kündigt die MABB nun ausdrücklich an: „Das Programm wird von einer eigenen Redaktion in Berlin ohne Inhalte-Zulieferungen Dritter gestaltet.“
Zugleich wurde die Abschaltung von PureFM zum 30. Juni 2019 angekündigt. Der bisherige Betreiber ging in die Insolvenz und gab die Zuweisung zurück. Der neue Betreiber hatte seine Bewerbung zurück gezogen, nachdem die MABB deutlich gemacht hatte, keine Zuweisung zu vergeben. Dies wurde auch für UKW deutlich gemacht und eine weitere DAB+-Bewerbung des neuen Veranstalters abgewiesen. Der Sendebetrieb geht aber aufgrund einer Duldung durch die MABB b.a.W. weiter. Im Zuge der Entscheidung über eine Ausschreibung vom Juni 2020 bekam PureFM - nunmehr betrieben durch die Eagle Broadcast Brandenburg GmbH und nach dem 51 Prozent der Anteile verkauft wurden - eine Siebenjahreszuweisung für den Berlin-Mux. Dorthin wechselte Radio Paradiso aus dem Brandenburg-Mux. Den freien Platz übernimmt Energy mit seinem Berliner Programm.
Vorerst kein dritter Mux für Privatradios
Im Zweiländer-Ensemble sind nach dieser Entscheidung von Anfang November 2020 und nach dem Ausstieg eines Programmes Ende Juni 2021 drei Plätze offen, auf die bei der MABB neun Bewerbungen eingingen. Kurz zuvor hatten sich 18 Programme für eine einzige berlin-weite UKW-Frequenz beworben. Ein weiteres Dutzend Stationen sendet - vorwiegend für die Hauptstadt - terrestrisch nur über UKW. Sind infrage kommenden Programme ein Potenzial für ein drittes DAB+-Ensemble?
Die MABB will offenbar nicht übereilt handeln. DAB+ sei zwar etabliert, UKW aber immer noch führend, verweist die MABB auf Anfrage von dehnmedia auf den Digitalisierungsbericht Audio 2020. Auch scheinen die Medienwächter nicht recht daran zu glauben, dass neue Stationen zu mehr Vielfalt im Radioangebot beitragen könnten. Als Hauptmangel wird aber die für die regionalen Anbieter (im Gegensatz zur nationalen DAB+-Verbreitung) fehlenden Reichweitendaten gesehen.
„Jetzt braucht es aus unserer Sicht Chancengleichheit für die Aufnahme von DAB+-Only-Anbietern in die Vermarktung“, fordert die MABB, um die Reichweiten der UKW- und DAB+-Stationen - und damit letztlich ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten - vergleichbar zu machen.
Lokalmux für Frankfurt/Oder?
Im zeitlichen Zusammenhang damit teilte der alte und neue Geschäftsführer von PureFM mit, einen Lizenzantrag für einen lokalen Multiplex gestellt zu haben. Dieser soll in Eigenregie vom Oderturm in Frankfurt/Oder gesendet werden, wo der Anbieter seine Studios und einen UKW-Sender betreibt. Eine Frequenz müsste jedoch erst beantragt, mit Polen koordiniert, zugeteilt und der MABB zugewiesen werden, bevor an Weiteres zu denken ist.
Weitere Informationen:
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