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DAB+: Modellversuche in Schleswig-Holstein (2/2)

Digitalradio-Schriftzug ab 5/2107 Die NDR-Bundesländer gehören zu den Stiefkindern bezüglich der Beteiligung lokaler und regionaler privater Radios bei DAB+. Zwischen Nord- und Ostsee kam erst 2019 Einiges in die Gänge - in Gestalt eines auf drei Jahre geplanten Modellversuchs für Schleswig-Holstein.

Die Medienanstalt MA HSH hatte bereits Erfahrungen mit einer privaten Sendeplattform für Hamburg gemacht. 2018 wurden auch für Schleswig-Holstein interne „erste Überlegungen“ zur digitalterrestrischen Verbreitung privater Radios angestellt und mit der Landesregierung diskutiert. Gleichwohl überraschte Anfang Juni 2019 die Ausschreibung für einen Modellversuch mit einer interessanten Ausrichtung auf die lokale Ebene.


Schleswig-Holstein: Programmangebot | Regelbetrieb | National | Chronik


Dieses erste Projekt in den norddeutschen Flächenländern basiert auf einer Vereinbarung zwischen der MA HSH, dem NDR und der Landesregierung. „Insgesamt möchten wir die Akzeptanz von DAB+ in Schleswig-Holstein erhöhen“, hatte Wolfgang Bauchrowitz (MA HSH) erklärt. Den Hörern wolle man „zusätzliche Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Hörfunkempfangswegen“ anbieten. Das liest sich wie eine Anspielung auf SDR-Konzepte nach Schweizer Vorbild. Eckpunkte des Projekts sind:
Lübeck und Kiel samt Umgebung sowie die Insel Sylt samt benachbarter Küste bekommen lokale Multiplexe.
Dort werden „technische Möglichkeiten zur wirtschaftlich tragfähigen lokalen und regionalen Digitalradioversorgung“ - auch als Plattform-Konzepte - erprobt.
Ein landesweiter Radiosender bekommt einen Sendeplatz in dem bereits weitgehend flächendeckend ausgebauten Multiplex des NDR.
Das Projekt hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2022 und wird wissenschaftlich begleitet.

Um die Plattformen hatten sich die Netztechnik-Unternehmen Uplink Network, Divicon Media Holding und Media Broadcast beworben. Das letztgenannte Unternehmen erhielt den Zuschlag, weil es nach Auffassung des Medienrats der MA HSH „insbesondere zur Förderung der Angebots- und Meinungsvielfalt die Voraussetzungen am besten erfüllt“.

Für den landesweiten Programmplatz erhielt der einzige Bewerber Regiocast den Zuschlag für sein UKW-Programm R.SH. Die Aufschaltung als „Gast“ im landesweiten NDR-Mux erfolgte am 26. März 2020.

Sendestart ab Ende 2019 möglich

Media Broadcast kündigte für jedes der drei lokalen Sendegebiete „bis zu acht private Programme“ an. Das Lübecker Projekt könnte noch im Jahr 2019 auf Sendung gehen, Kiel und Sylt sollen 2020 folgen. Der „Einsatz neuer technischer Lösungen“ soll den Privatradios „die kosteneffiziente Verbreitung ihrer Inhalte per DAB+ ermöglichen – unter Berücksichtigung von Qualitätsstandards, welche sowohl die Hörer als auch die Veranstalter von einem modernen Hörfunkmedium wie DAB+ erwarten“. Damit werden, neben der Soundqualität auf Hörerseite, sendetechnische Qualitätskriterien wie eine hohe Ausfallsicherheit und Stabilität des Sendesignals zugesichert.

Zu hoffen ist, dass die zusätzlichen Radioprogramme das Ziel erfüllen, DAB+ zwischen Ost- und Nordsee attraktiver für die Hörer zu machen. Die Länderauswertung des Digitalisierungsberichtes Audio 2019 zeigt deutlich die Folgen des Mangels an Privatradios: „Rund jeder fünfte Haushalt“ verfügt über Zugang zu einem DAB+-Empfänger. Aber nur 4,3 Prozent nennen DAB+ als den von ihnen meistgenutzten Empfangsweg.

Lübeck sendet zuerst, Kiel folgt, Sylt mit Abstand

Das neben dem NDR und dem Bundesmux dritte Programmpaket des Bundeslandes am 28. Januar 2020 für Lübeck mit 2 kW Sendeleistung im Block 9D aufgeschaltet. Das Sendegebiet umfasst den Großraum um die Hansestadt von Timmendorfer Strand bis nach Ratzeburg und Bad Oldesloe. Vom Start an mit dabei waren Antenne Sylt, Radio Hamburg und HH 2, die in der Hamburger Nachbarregion beheimatet sind. Am 26. März 2020 wurde der Offene Kanal Lübeck.FM zugeschaltet, Radio Lübeck ab dem 1.7., das Schlagerradio (ex B2) ab dem 1.8.2020. Krix.fm gab ein kurzes Gastspiel. Ostseewelle Hit-Radio Hamburg/Schleswig-Holstein aus dem Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern will sich mit teils regionalen Inhalten im April 2021 zuschalten lassen. Delta Radio ist ein weiterer Kandidat.

Um den dritten Modellversuch für Sylt (Block 11D mit 1 kW Sendeleistung) herrschte Unklarheit. Die Planungen seien noch nicht abgeschlossen, verlautete Anfang Mai 2020 auf Nachfrage bei der MA HSH. Überraschend wurde der Multiplex mit Antenne Sylt und Radio Nordseewelle kurz vor Weihnachten 2020 in die Luft gebracht.

Am 26. März 2020 folgte für Kiel der Block 5A mit ebenfalls 2 kW Leistung. Laut Media Broadcast konnten „etwa 750.000 Zuhörer über Kiel hinaus“ zunächst nur Antenne Sylt und den Offenen Kanal Kiel.FM empfangen - im Auto „auch in Rendsburg und Neumünster“. Die MA HSH ergänzt: Das Sendegebiet „kann nach Bedarf zukünftig auch bis nach Neumünster ausgebaut“ werden. Auch hier startete Krix.FM (4/2020 bis 10/2020). Antenne Holstein kündigte sich als Stadtradio für Kiel für August 2020 an. Nach mehrfacher Umbenennung und Verschiebungen begann der Sendebetrieb im Kiel-Mux am 2. November 2020 unter dem Namen Livelive Radio. Allerdings wurden teuere Moderationen und Nachrichten bald eingestellt, weil sich aufgrund der Covid19-Krise keine Werbekunden binden lassen wollten. Vor dem Hintergrund kündigte das ebenfalls in Berlin ansässige Power Radio an, die Frequenz zum 1. Mai 2021 übernehmen zu wollen, „die derzeit unser Partnersender Radio LiveLive nutzt“. Radio Livelive bestätigte wenig später die finanzielle Notlage. „Gerüchte das keine Gehälter gezahlt werden oder wir ab dem 1. Mai mit anderen Sendern kooperieren, sind komplett an den Haaren herbeigezogen.“

Zugelassen wurde auch die Programmfamilie Nordic.Radio, Nordic.Beatz und Nordic.Lifestyle. Die von dem Kieler Anbieter von Laden-Beschallungen Point of Sale GmbH geplanten Wellen wurden im Dezember 2019 von der MA HSH ausdrücklich für DAB+ sowie für Online zugelassen. Das Unternehmen hatte 2020 eine Zulassung für Profi Radio im Bundesmux 2 zurück gegeben. Von dem Anbieter hörte man zur Radioverbreitung DAB+ nichts mehr.

Eine erste Bilanz des Modellprojekts

Lübeck
Kiel Sylt
Die Stationslogos zeigen den Stand des Programmangebots im April 2022, acht Monate vor Beendigung des Modellversuchs.

Der Nichtantritt der „Nordic“-Wellen und die Insolvenzen von Radio Livelive und Krix FM sind ein Beleg dafür, dass die Hürden für die Beteiligung bei DAB+ nicht ganz so niedrig liegen, wie man sich das vorstellen. Auch zeigt sich, dass Radiounerfahrene die finanziellen Notwendigkeiten oft unterschätzen. Andererseits scheint vor allem die Nachbar-Region Lübeck ein willkommenes zusätzliches Verbreitungsgebiet zu sein, um z.B. Pendler stärker an die Hamburger Sender zu binden und neue Hörer zu gewinnen.

Nach der Vergabe der Plattform im August 2022 an Media Broadcast zeichnet sich der Beginn eines landesweiter DAB+-Regelbetriebs im 1. Quartal 2023 ab.

Weitere Informationen:
Hier werden allgemeine Meldungen gelistet. Links zu Infos über Ausschreibungen, Aufschaltungen usw. finden sich auf den Senderseiten für Schleswig-Holstein.
Kooperationsmodell für die SH-Multiplexe vom 18.8.2022.
Sylt-Ensemble sendet zwei Programme vom 15.12.2020.
Kiel auf Sendung / R.SH auf DAB+ beim NDR vom 26.3.2020.
Erste Privatradios senden im Raum Lübeck vom 28.1.2020.
Schleswig-Holstein wartet auf DAB+-Projekt vom 22.10.2019.
Media Broadcast übernimmt SH-Plattform vom 22.8.2019.
Bewerbungen für den SH-Modellversuch vom 1.7.2019.
Privatradios mit DAB+ für die Waterkant vom 1.6.2019.
Weiter warten in Schleswig-Holstein vom 21.10.2018.

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