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Rundfunkgebühren sind (fast) immer fällig (2/2)

Grundsätzliche Neuregelung der Rundfunkgebühr ab 2013

Die Bundesländer diskutieren seit Mitte 2008 ein neues Gebührenmodell. Rheinland-Pfalz Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), zugleich Vorsitzender der Medienkommission der Länder, beschreibt den Änderungsbedarf: „Die Akzeptanz der Gebühr sinkt. Die Konvergenz wird tatsächlich erlebbar, das heißt: Immer mehr Geräte können auch Rundfunk empfangen, obwohl sie hauptsächlich einem anderen Zweck dienen.“

Geprüft wurde eine Weiterentwicklung der bisherigen gerätebasierten Erhebung sowie ein personen- oder haushaltsbezogenes Modell. Die ab 2013 vorgesehene Einführung steht in einem besonderen Spannungsfeld: Trotz der letzten Gebührenerhöhung gehen die Einnahmen der Anstalten seit 2008 zurück. Ursache sind vor allem die stark steigende Zahl der Sozialbefreiungen und die demografische Entwicklung. Auch die Limitierung der Möglichkeiten für Werbung und Sponsoring, die in den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (gültig ab April 2010) aufgenommen wurden, trägt nicht dazu bei, die finanzielle Situation von ZDF und ARD (dort nicht nur der kleinen Anstalten) zu stabilisieren. Dazu kommt noch die allgemeine Kostenentwicklung.

Die ARD rechnet aufgrund der allgemeinen Situation mit Einnahmeausfällen von rund 15 Prozent zwischen 2010 und 2020. Bereits 2009 mußte der RBB, dem aus den genannten Gründen und trotz diverser Sparmaßnahmen schon bis 2012 etwa 54 Mio. fehlen, von den großen Schwesteranstalten mit einem 20 Mio. Euro-Darlehen gestützt werden. Für den weiteren Zeitraum bis 2020 drohen beim RBB weitere Einsparungen - auch an Programmleistungen. Einer der Gründe für die Finanzmisere der Zweiländeranstalt sind die Gebührenbefreiungen die mit 15 Prozent der Zahlungspflichtigen weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Genauso betroffen sind aber auch die großen ARD-Anstalten. So kündigte der NDR im Mai 2010 an, etwa 50 Mio. Euro bis 2012 einsparen zu müssen.

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen die Neuordnung im Juni 2010 behandeln. Die Novellierung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages soll offenkundig bis 2011 durchgezogen werden, um das Thema aus den dann bevorstehenden Länderwahlen herauszuhalten. Die Rede ist auch von weiteren Einschränkungen bei den Möglichkeiten von ARD, ZDF und Deutschlandradio, durch Werbung und Sponsoring Zusatzeinnahmen zu erwirtschaften.

Die Änderungen sollen 2013 in Kraft treten, so die Ankündigung.

Zwei Modelle für die Rundfunkfinanzierung

Martin Stadelmaier, Leiter der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz und Koordinator Medienpolitik der Bundesländer, beschrieb Ende 2009 den Diskussionsstand wie folgt:

Nach der Haushaltsabgabe wäre jeder Haushalt abgabepflichtig. Das unabhängig davon, ob Geräte vorhanden sind und welcher Art diese sind bzw. ob öffentlich-rechtliche Programme überhaupt genutzt werden oder nicht. Sozialbefreiungen wären weiter möglich.

Bei der modifizierten Geräteabgabe löst der Besitz eines Empfangsgeräts - ob Fernseher, Settopbox, Radio, PC, Smartphone usw. - weiterhin die Gebührenpflicht aus. Die bisherige niedrige „nur-Radio“-Gebühr, die auch von NEG-Haushalten erhoben wird, soll entfallen und NEGs werden in voller Höhe gebührenpflichtig. Zugleich soll die Beweislast umgekehrt werden: Statt der GEZ soll der Gebührenpflichtige die Berechtigung einer Gebührenbefreiung nachweisen. Unklar ist, ob bei diesem Modell Sozialbefreiungen möglich sind.

Gemeinsam ist beiden Konzepten zunächst, dass es laut Stadelmaier bei der Gebührenhöhe von 17,98 Euro monatlich bleiben könne. Die GEZ bleibe für die Gebühreneinziehung zuständig, ihre Arbeit werde aber einfacher, weil die ungeliebten Überprüfungen entfallen können. Über die Beibehaltung der geltenden Befreiung für Zweitgeräte (also NEGs, Autoradios im privaten Bereich) ist bisher nichts bekannt. Ebenso unklar bleibt die Heranziehung von Unternehmen.

Ein hamburgischer CDU-Politiker schlug indessen gar vor, die Gebührenpflicht an das Eigentum an Wohn- und Bürohäusern zu koppeln. Das Geld würde vom Finanzamt wie die Grundsteuer eingezogen werden. Der Eigentümer könnte den Betrag dann auf die Miete umgelegen. Ausschließlich populistisch scheint die dafür in Aussicht gestellte Abschaffung der GEZ. Das Steuermodell würde die Sendeanstalten in finanzielle Abhängigkeit vom Staat treiben und ist damit schlicht verfassungswidrig. Dessen war sich besagter Politiker sehr wohl bewußt und forderte entsprechende Verfassungsänderungen. Allein wegen des zu erwartetenden Widerstands der EU ist dieses Modell illusorisch.

Kirchhof-Gutachten präferiert Haushaltsbeitrag für ARD, ZDF und D-Radio

Ein im Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio entstandenes Gutachten des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof vom Mai 2010 schlägt statt der bisherigen Rundfunkgebühr einen Haushaltsbeitrag für das „Nutzungsangebot“ der Leistungen der Anstalten vor. Die Anstalten erfüllten damit ihre wie vor bestehende Aufgabe im Interesse der Öffentlichkeit. Die Heranziehung privater Haushalte entspreche der realen Lebensituation. Vermieden würde damit, dass junge Menschen bei ihren ersten Erfahrungen mit der Eigenständigkeit und mit dem Rundfunk in die Illegalität gedrückt werden. Überdies verschwimme der Unterschied zwischen den Übertragungsplattformen und Endgeräten, die verstärkt auch andere Aufgaben erfüllen. Dadurch werde das bisherige Kriterium des Rundfunkempfangsgerät unscharf. So entstehe eine „Diskrepanz zwischen einer geräteabhängigen Rundfunkabgabe und einer haushalts- und betriebsbezogenen Empfangssituation“. Dieses „strukturelle Erhebungsdefizit“ könnte die bisherige Rundfunkgebühr perspektivisch verfassungwidrig werden lassen.

Fällig werden soll der neue Haushaltsbeitrag für Privathaushalte - unabhängig von der Zahl der dort lebenden Personen und der Gerätezahl und -art - wie auch für Unternehmen. Kirchhof befürwortet die Unterstützung sozial benachteiligter Haushalte. Er bringt aber ins Spiel, ob dies wie bisher durch eine Beitragsbefreiung oder eine durch Erstattung des Beitrages an die Beitragspflichtigen umgesetzt wird.

Kirchhof geht davon aus, dass ein Haushalts„beitrag“ - im Gegensatz etwa zu dem o.g. Vorschlag einer Steuer - verfassungskonform ist und dem europäischen Beihilferecht entspricht. Auch könne das Verfahren einfacher gestaltet werden. Außerdem legt er Wert darauf, künftig von einem „Beitrag“ statt von einer „Gebühr“ zu reden, wodurch das Ziel der Rundfunkfinanzierung in der Öffentlichkeit plausibler vermittelt werden könne.

Positives Echo, weitere Forderungen der Privaten und Kritik aus der Werbewirtschaft

ARD und ZDF begrüßten den Vorschlag Kirchhofs grundsätzlich. Das Modell bedürfe aber noch der Konkretisierung. Das müssen die Ministerpräsidenten der Bundesländer leisten, die im Juni dazu beraten. Erst wenn es einen konkreten Vorschlag gibt, will die sich ARD „auch unter finanziellen Aspekten“ abschließend äußern.

Auch der VPRT, in dem die großen Privatsender Mitglied sind, bewertet das Gutachten positiv und fordert die Politik zum Handeln auf. Dies wird mit der bekannten Forderung nach einem Totalverbot von Werbung und Sponsoring verbunden. Wegen des Wegfalls von Einnahmen müssten ARD, ZDF und D-Radio dann auf Programme verzichten. Wenn große Rechtepakete (z.B. Fussball-WM und -EM) nur in Verbindung mit Sponsoring erworben werden können, müsse darauf eben verzichtet werden. Die Privaten wollen damit die gesetzliche Neuregelung der Rundfunkfinanzierung nutzen, um die Konkurrenz um Sport- und Filmrechte loszuwerden.

Allerdings sieht das die werbetreibende Wirtschaft anders. Deren Dachverbände wollen wuf die Werbung bei ARD und ZDF nicht verzichten. „Nur so können bestimmte Verbrauchergruppen angesprochen werden, die auf andere Weise, etwa durch Privatsender, nicht oder nur unzulänglich erreicht werden können“, kritisiert der Markenverband das Kirchhof-Gutachten. Ein Verbot und von Werbung und Sponsoring sieht man dort als Verstoß gegen die Grundrechte auf Meinungs-, Werbe- und Berufsfreiheit. Kirchhofs Argument, ohne Werbung könnten sich ARD und ZDF besser gegen die Privaten profilieren, wird ebenfalls zurück gewiesen. Verwiesen wird dazu auf Studien, nach denen die Zuschauer sehr wohl zwischen Privaten und Öffentlich-rechtlichen unterscheiden können und Werbung und Sponsoring bei ARD/ZDF nicht als störend empfunden werden. Zwecks Vermeidung der Erhöhung von Gebühren (bzw. des „Beitrags“) würden drei von vier von Infratest befragten Zuschauern auch die bisher verbotene Werbung nach 20 Uhr in Kauf nehmen.

Fortsetzung folgt

Die Diskussion um die Gebühren-Novelle findet ihre Fortsetzung, nachdem die Ministerpräsidenten im Juni 2010 ein Eckwertepapier vorgelegt haben. Der künftige Rundfunkbeitrag und der Weg dahin sind Gegenstand eines eigenen
Artikels.

Weitere Informationen:
dehnmedia-Meldung zum Kirchhof-Gutachten vom 6.5.2010, Gutachten zum Download und Echo auf das Gutachten vom 7.5.2010.
dehnmedia-Meldung zum Vorschlag aus Hamburg vom 25.1.2010.
Meldung zu Stadelmaier (dehnmedia, 7.12.2009).
Meldung zur Gebührendiskussion (dehnmedia, 5.11.2009).
Allgemeine Infos auf der GEZ-Homepage.
wikipedia.de-Artikel mit Berechnungen zu Inflationsbereinigung zum GEZ-Anteil am Durchschnittsgehalt.

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