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DAB+ - das geht auch im Fernsehkabel (3/4)

Kabelanschluß Schweiz Mit dem Ende der analogen Radio- und TV-Ausstrahlung im Kabel Ende 2018 entstand auch die Frage nach der Zukunft der Radioübertragung. Die meisten Betreiber von Kabelnetzen forcierten aus gutem Grund die TV-Technik DVB-C. DAB+ spielte nur am Rande eine Rolle in der Diskussion. Ändert sich das ab 2020?

Schon im Vorfeld der Analog-Abschaltung war absehbar, dass die meisten Kabelnetzer auch für die Radioverbreitung zu DVB-C wechseln würden. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass sie an DAB+ (wie zuvor an UKW) kaum etwas verdienen können. DVB-C gibt den Kabelnetzern jedoch die Möglichkeit, Radiosendungen wie TV-Kanäle zu behandeln: Sie können in DVB-C grundverschlüsselt und kostenpflichtig vermarktet werden. Das wird über den Gerätemarkt kontrolliert.

Verbraucherfeindlichkeit als Geschäftsmodell

Ein Nutzen für die Verbraucher bzw. Kunden der (Zwangs-) Kabelanschlüsse ist keineswegs angesagt. Der Radioempfang mit DVB-C ist am Fernseher das Gegenteil von nachhaltig. Auch mit Settopboxen ist das wegen fehlender Anzeigen und Audio-Ausgänge unmöglich bis extrem unbequem. Obwohl weit mehr als 45 Prozent der deutschen Haushalte den Rundfunk aus dem Kabel beziehen - also eine nach Millionen zählende Klientel zu versorgen wäre - finden sich auch fast ein Jahr nach der Umstellung auf DVB-C gerade einmal zwei (!) Settopboxen im Handel, die für Radiohörer entwickelt wurden: Sie sind mit einer Klartext-Anzeige des Sendernamens und Audio-Ausgängen ausgestattet.

Ein Grund für die Zurückhaltung der Kabelnetz-Anbieter mag sein, dass Radio nicht im Mittelpunkt der Nutzung des Breitbandkabels stand und steht: Nur drei Prozent der Kunden von Vodafone empfingen Kabelradio vor der Analog-Abschaltung. Folglich stand die Marschroute der großen Anbieter frühzeitig fest:
Ende Juni 2017 hatte Unitymedia als erster Anbieter die Abschaltung in seinen Netzen in Hessen, Baden-Württemberg und NRW durchgeführt. Dort erfolgt die Radioverbreitung in DVB-C.
Vodafone/Kabel Deutschland kündigte eine Radiobox für 40 Euro auf Basis von DVB-C an. Als erste „Pilotregion“ wurde Landshut am 9. Januar 2018 umgeschaltet.
Auch Pyur (Tele Columbus) verweist auf „DVB-C Radiotuner“. 3.200 Haushalte in Quedlinburg wurden als „Pilotregion“ am 20. März 2018 umgeschaltet.
Wilhelm.Tel steht für das Gegenkonzept. Während das analoge Fernsehen zum 25. März 2018 abgeschaltet wurde, kommen 50 Radiostationen kommen in den norddeutschen Netzen des Betreibers weiter über Kabel-UKW.
Die Analogabschaltung war im Wesentlichen zum Jahresende 2018 vollzogen. Zu erwähnen bleibt aber noch die Sonderregelung für Sachsen: Betreiber kleinerer Netze bekommen auf Antrag eine Gnadenfrist für die Beibehaltung von UKW.

Pilotprojekte und ein White Paper

Ausnahmen von der DVB-C Strategie finden sich in Bayern: Der regionale Netzanbieter M-Net testete Ende 2017 DAB+ im Kabel - in Zusammenarbeit mit dem BR. Ein ähnliches Projekt mit dem lokalen Anbieter Kabel Baumann folgte 2018 in Bayreuth. Ein im Februar 2019 veröffentlichtes White Paper fasst einige Erkenntnisse zusammen:

„Durch die Nutzung des DAB+-Standards im Kabel könnten über den terrestrischen Kanal 13 alle DAB+-fähigen Radiogeräte mit externem Antennenanschluss - derzeit ca. 1/3 aller DAB+-Geräte im Markt - über die Kabeldose mit digitalen Radiosignalen versorgt werden.“ Im Kanal 13 können alle DAB+-Geräte Signale empfangen. Dessen Blocks A bis F entsprechen mit ihren Frequenzen von 230 bis 244 MHz den Sonderkanälen 11 und 12 und passen daher ins System der Kabelverbreitung. Mit der Auswahl des S13 (und für diese Frequenz notwendigen speziellen überteuerten Empfängern) hatte sich UPC in der Schweiz zuvor die eigenen Kunden abgeschreckt.

Weil das Kabel naturgemäß kaum störanfällig ist, kann der Fehlerschutz - verglichen mit der Terrestrik - erheblich reduziert werden. Im Gegenzug können bis zu 25 Programme in einen Multiplex gepackt werden. Die jeweils maximal 16 Stationen eines terrestrischen DAB+-Pakets müssen also - mit weiteren Programmen anderer Multiplexe oder Quellen - zu einem neuen Multiplex kombiniert werden, der die Kapazität optimal nutzt. Der Netzbetreiber benötigt also Geräte, die die gewünschten terrestrischen DAB+-Programme (und bei Bedarf weitere von UKW, Sat oder Internet) in einem neuen Multiplex bündeln und auf den Kabelkanal setzen. Dafür sei mit Investitionen zwischen 5.000 und 10.000 Euro je Mux zu rechnen, hieß es.

Das White Paper sieht Kabel-DAB+ überall dort als Alternative, wo der Indoor-Empfang von DAB+ über Antenne Probleme bereitet. Zudem könnte man das terrestrische Angebot im Kabel um zusätzliche Programme aus anderen Quellen erweitern. Das könnten Sat-Radios oder IP-Streams sein. Für die Kabelweiterleitung von IP-Radio bedürfe es aber der Anpassung einiger medienrechtlicher Regelungen.

Auf der Verbraucherseite ist natürlich ein handelsüblicher DAB+-Empfänger mit koaxialem Antennenanschluß notwendig. Für die Verbindung zur Dose sorgt in der Regel ein normales Antennenkabel. In einigen Fällen wäre ein Splitter an der Kabeldose zwecks Trennung von TV- und Radiosignalen erforderlich. Sehr theoretisch wäre das Durchschleifen des Kabelsignals über ein Radiogerät; denn üblicherweise haben Radios diese Möglichkeit nicht.

Vom Projekt zum Regelbetrieb?

Bei einer Präsentation im Februar 2019 hatte die Bayreuther Firma Kabel Baumann verkündet, ihren Kunden ab dem 2. Halbjahr 2019 bis zu 75 DAB+-Radioprogramme anbieten zu wollen. M-Net als zweiter Beteiligter an einem Projekt hatte zunächst Zurückhaltung geübt und keine Aussage zu einer Einführung gemacht. Am 24. Oktober 2019 führte das Unternehmen deutschlandweit erstmalig DAB+-Hörfunk im Regelbetrieb für 60.000 Münchner Kundenhaushalte ein.

Links zum Thema:
White Paper „DAB+ über Kabel“ (Januar 2019) Download
DAB+-Hörfunk in München ab sofort auch im Kabel. Zur Meldung
DAB+ bald bei M-Net im Draht? Zur Meldung
DAB+ im Kabel erfolgreich getestet. Zur Meldung
Auch Pyur steigt in den Analog-Ausstieg ein. Zur Meldung
Keine DAB+-Einführung bei M-Net. Zur Meldung
Vodafone mit Radiobox für DVB-C. Zur Meldung
Wilhelm.Tel schaltet bis Ende März 2018 analog ab. Zur Meldung
Unitymedia schaltet analoges Kabelfernsehen ab. Zur Meldung

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