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DAB+ in Österreich: Nationaler Mux ab 28.5.19 (1/3) | |
Aus Sicht der Medienbehörde KommAustria ist DAB+ „der Ausweg aus der UKW-Frequenzknappheit in Österreich und ermöglicht deutlich mehr Programm- und Meinungsvielfalt im Radio“. Wie in Deutschland betrifft das auch beim Nachbarn die Möglichkeit, Radioprogramme erstmals flächendeckend zu verbreiten.
Während man schon Mitte Dezember 2017 die Entscheidung für den zeitgleich ausgeschriebenen Wiener Multiplex veröffentlichte, wurde der Beschluß über den sogenannten Mux-I - den nationalen DAB+-Mux Österreichs - zunächst auf das Frühjahr 2018 vertagt und schließlich im August 2018 entschieden. ORScomm bekam als Betreiberin einer Sendeplattform eine Zehnjahres-Lizenz. Der Sendestart wurde nach einigem Hin und her auf den 28. Mai 2019 festgelegt.
Noch nicht einmal ein Jahr später waren schon „rund eine Million Digitalradioempfangsgeräte in den österreichischen Haushalten zu finden“. Die Mitteilung des Vereins Digitalradio Österreich von Mitte April 2020 zeigt ein achtbares Ergebnis für die Alpenrepublik mit rund 8,9 Mio. Einwohnern.
Programme, Senderstandorte, Netzausbau
Zur Beantragung hatte ORScomm elf Programme im Boot, von denen später zwei zurückzogen.
Durch die Zulassung gibt ORScomm einen straffen Zeit- und Versorgungsplan vor. Der Netzausbau umfasst insgesamt 14 Sendeanlagen. Diese sollten zunächst in vier Phasen in Betrieb gesetzt werden. Ab Anfang 2019 wurden die Phasen 1 und 2 zusammengefasst, so dass noch von drei Schritten die Rede ist. Später wurde der Sendestandort Pfänder in die Phase1 vorgezogen.
Dem Sendebeginn am 28. Mai 2019 gingen umfangreiche Aktivitäten voraus. Die Signalzuführungen der beteiligten Programme wurden eingerichtet und an das neu gebaute zentrale Multiplexing in Wien angeschlossen. Von dort wird der Mux über das ORS-Leitungsnetz zu den Sendeanlagen geführt. An vier Standorten wurden neue Sendeantennen montiert. Die Kühlsysteme und Stromversorgungen wurden für die zusätzlichen Gerätschaften erweitert.
Phase 2 und 3 werden vorgezogen
Ende September 2019 wurde bekannt gegeben, dass die Netzausbau-Phase 2 mit den neuen Senderstandorten Innsbruck-Patscherkofel, Salzburg-Gaisberg und St. Pölten-Jauerling vom 31. März 2020 auf den 11. Dezember 2019 vorgezogen wird. Die Ausweitung der Versorgung auf 75 Prozent der Bevölkerung gebe „dem Elektrofachhandel für das heurige Weihnachtsgeschäft ein weiteres attraktives Argument für den Vertrieb von DAB+-Endgeräten bieten“, begründete der Verein Digitalradio Österreich die Entscheidung. DAB+ habe jetzt schon einen Anteil am Gerätemarkt von 32 Prozent und - wie in Deutschland - den höchsten Zuwachs aller Radio-Verbreitungswege, hieß es im September 2019.
Kurz vor dem Dezember-Termin und im Zusammenhang mit der zeitgleich begonnenen „bisher größten Werbekampagne der privaten Radiosender in Österreich“ stand eine Ankündigung zur weiteren Beschleunigung des Netzausbaus. An den Sendestandortem Rechnitz-Hirschgarten und Bruck Mur wird der nationale Multiplex statt am 22. September schon am 26. Mai 2020 aufgeschaltet. Die beiden letzten geplanten Sendeanlagen schließen die Massnahmen schon am 25. August 2020 ab. Dann werden 83 Prozent der Österreicher den Mux empfangen können.
Phase 1 |
Phase 2 |
Phase 3 |
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28. Mai 2019 |
11. Dezember 2019 |
26. Mai 2020 / 25. August 2020 |
Wien, Graz, Linz, Semmering, Pfänder |
Innsbruck, Salzburg, St.Pölten |
Klagenfurt, Wolfsberg, Bruck, Rechnitz |
mobil 61,45%, portabel indoor 45,70% |
mobil 77,61%, portabel indoor 56,21% |
mobil 83,46%, portabel indoor 62,58% |
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Anmerkungen: KommAustria geht bei den Prozent-Angaben zur Versorgung von 6,99 Mio. Einwohnern Österreichs aus.
Stand: 12/2019. Termine ohne Gewähr. Quelle: KommAustria. Karten klicken zum Vergrößern. |
„Mit den hybriden Nutzungswegen DAB+/UKW und IP wird der Konsum linearer und non-linearer Programmangebote weiter zunehmen.“ In dem Zusammenhang forderte der Verein eine schnelle Übernahme der EU-Vorgaben zu hybriden Tunern in Autoradios für die Alpenrepublik. Zugleich wurde die Medienbehörde RTR aufgefordert, zu „prüfen, ob die ORF-Radios den gesetzlichen Versorgungsauftrag ohne DAB+ Verbreitung überhaupt noch wahrnehmen können“.
Verbreitungskosten
Die ORS-Information zur o.g. Auschreibung enthält übrigens Angaben zu den Sendekosten. Grundlage der Berechnung sind 864 Capacity Units, in die ein Sendeblock aufgeteilt wird. Aus dem verwendeten Fehlerschutz und den CUs wird die Bandbreite errechnet. Mit den üblichen Parametern kann mit 54 CU Stereo in CD-Qualität gesendet werden. Für klassische Musik ist das ausreichend, ein Talkradio würde erheblich weniger benötigen.
ORScomm will während der Phase 1 des Netzausbaus 1.061,67 Euro, in der Phase 2 1.552,15 Euro und in Phase 3 2.040,80 Euro jährlich und zzgl. der Umsatzsteuer abrechnen. Das Unternehmen ist zudem bei entsprechender Nachfrage zu weiteren Investitionen bereit, um die Versorgung innerhalb von fünf Jahren auf 90 Prozent auszubauen.
Digitalisierungskonzept 2017 zeigt Perspektiven auf
Das von der Medienbehörde KommAustria Ende April 2017 verabschiedete Digitalisierungskonzept 2017 nimmt umfangreich Stellung zur Entwicklung des digitalen Hörfunks mit DAB+. Neben den drei nationalen Muxen wurden Sendenetze für zehn Verbreitungsgebiete mit je vier für die gesamte Region konzipierten DAB+-Multiplexen geplant.
Ein solcher Ausbau der Sendenetze und des Programmangebots könnte eingeleitet werden, wenn Bedarf besteht, ein technisch
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Die Karte (klickbar) zeigt die Verteilung der vier zusätzlichen DAB+-Multiplexe auf zehn Regionen. Quelle: KommAustria. |
realisierbares Konzept vorliegt und die Finanzierung nachgewiesen ist. Das nannte die Medienbehörde als Voraussetzungen für Ausschreibungen.
KommAustria betrachtet die Perspektiven von DAB+ auch von der Hörerseite. Laut der Behörde wurden 2016 in der Alpenrepublik 500.000 Radiogeräte gehandelt. Davon waren immerhin 6 Prozent (also: 30.000) DAB+-tauglich - obwohl DAB+-Radios damals nur in Wien für das dortige Pilotprojekt oder in den Grenzregionen für Sender aus den Nachbarländern genutzt werden konnten.
„Es ist davon auszugehen, dass der Anteil an DAB+fähigen Endgeräten bis 2023 auf rund 36 Prozent oder mehr als 900.000 DAB+-Empfängern steigen wird“, lässt sich KommAustria auf eine recht optimistische Prognose zum Gerätebestand ein. Neben dem Netzausbau sollen dazu auch das Marketing der Radioveranstalter und der ohnehin steigende Anteil von Radios mit DAB+-Tunern im Markt beitragen. Noch stärker könnte sich der Abverkauf entwickeln, wenn ein zweiter Multiplex in Betrieb geht und wenn DAB+-Tuner in Radios z.B. durch die ab Dezember 2020 wirksame EU-Vorgabe verpflichtend werden.
2021: Zwischenbilanz nur prozentual
Zum 3. Startjubiläum des nationalen Multiplexes erklärt der Verein Digitalradio Österreich, es habe sich „die Hörerschaft seit 2020 beinahe verdoppelt“. Konkrete Zahlen werden dazu nicht genannt. Stattdessen kommt eine auf die österreichische Radio-Analyse aufsetzende Statistik über die prozentuale Verteilung der Hörkontakte auf elf ausgewählte Radiosender. Demnach hatten DAB+-Sender in einer nicht genannten Beispielwoche österreichweit über 3,2 Mio. Kontakte. Diese verteilten sich
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3,2 Mio. Hörer-Kontakte in ungleicher Verteilung (Grafik: DAB+AT, klickbar). |
zu fast zwei Dritteln auf die Musikwelle 88,6 (27,3 Prozent), Radio Austria (21 Prozent) und Energy Österreich (17 Prozent) - also wesentlich auf drei Stationen. Die Haushaltsausstattung wird mit 25 Prozent angegeben, enthält aber auch die Autos der Haushaltsmitglieder. Konkrete Zahlen gibt es nur zur DAB+-Ausstattung von Neufahrzeugen: Das waren 239.803 in 2021 und 68.739 zwischen Januar und April 2022.
2020: Alles unterirdisch - zunächst im Test
Im November 2020 startete ein Projekt zum Test einer Tunnelversorgung in den Wiener S1-Tunnels Rannersdorf und Vösendorf mit beiden Multiplexen.
Dass „bei einem Unfall im Tunnel der zuständige Tunnelwart über den Rundfunkkanal in die Fahrzeuge einsprechen kann“ trage erheblich zur Verkehrssicherheit bei. Während diese Funktion mit wenigen UKW-Programmen realisiert wird, sei das bei DAB+ mit einem „großen Bündel an Programmen“ möglich. Konzepte dafür und technische Lösungen sollen „ausgiebig getestet werden, bevor über einen großflächigen Ausbau weiterer Tunnels mit hohen Investitionssummen nachgedacht werden kann.“
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Tests auf 1.800 Meter Tunnelstrecke unter Rannersdorf (links) und im 900 Meter langen Tunnel Vösendorf (beide Karten klickbar).
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Weitere Infos:
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