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DAB+: Später Einstieg (2/2)

Digitalradio-Schriftzug ab 5/2107 Die kleinen Bundesländer haben es schwer, Multiplexe mit ihren wenigen einheimischen Programmen wirtschaftlich zu betreiben. Im Saarland wurden Aktivitäten erst ab 2017 öffentlich. Zu dem im September 2019 vergebenen Plattformbetrieb kam es nicht. Nach mehr als einem Jahr Streit um Kosten und Frequenzen wurde das Vorhaben Ende 2020 zunächst beerdigt.

Die erste Plattform war besonders. Denn erstmals wurde durch ein Verständigungsverfahren ein gemeinsames Vorgehen zweier konkurrierender Bewerber erreicht. Die interessierten Programmanbieter befürworteten das. Damit hätte dem Sendestart mit zehn Programmen bis zum Frühjahr 2020 nichts entgegen gestanden.


Saarland: Programmangebot | Nationale Muxe | Chronik


Jedoch kam erstens anders ... Hier die (Vor-) Geschichte.

Gemeinsam statt gegeneinander

In der Praxis hätte das so ausgesehen: Betreiber der Sendeplattform wurde Divicon Media. Der Gegenbewerber Media Broadcast stellte Eigeninteressen zurück, wirkt aber an einem gemeinsamen Konzept mit. Die Kölner Firma erbringt technische Dienstleistungen für die Plattform von Divicon Media. Dabei geht es um die Mitbenutzung der Sendeantennen von Media Broadcast.

„Dies ist die wirtschaftlich sinnvollste Lösung“, freute sich Uwe Conradt, Direktor der Medienanstalt LMS. „Die Verständigung aller Bewerber auf dieses Ergebnis ist eine ideale Startvoraussetzung für das neue private DAB+-Angebot im Saarland.“ Die Lösung berücksichtige zudem die Interessen der Radios im Saarland und Anforderungen an die Medien- und Meinungsvielfalt, ergänzte Medienratsvorsitzender Stephan Ory.

Besonders hervorhebenswert ist, das die neun Programm-Bewerber diesem Konzept zugestimmt haben. Ebenso ein Anbieter, der später dazu kam. Folgende Programme können auf der Saar-Plattform senden, wenn die Verbreitungsverträge bis zum 14. November 2019 unterzeichnet sind:


Beirat soll Programmangebot beeinflussen

Bundesweit bisher einmalig ist auch die Einrichtung eines Beirats, den der Plattformbetreiber bei der Besetzung von Programmplätzen einbeziehen muss. Der Beirat werde mehrheitlich durch die LMS besetzt, um zu gewährleisten, dass „die Interessen saarländischer Anbieter sowie Fragen der Medien- und Meinungsvielfalt im Saarland nicht aus dem Blick geraten“.

Für alle Sendestandorte des Saarländischen Rundfunks hat die Bundesnetzagentur den Kanal 11C mit jeweils maximal 5 kW Sendeleistung koordiniert. Ob alle bzw. wann welche aufgeschaltet werden und wie hoch die Sendeleistung tatsächlich sein wird, entscheiden der Plattformbetreiber und die beteiligten Programmanbieter. Das ist auch eine Frage der Kosten.

Streitpunkt: Verbreitungskosten

Der Sinn dieser Vorarbeiten zur Etablierung privater Radios auf DAB+ wird anhand des Digitalisierungsberichtes Audio 2019: Die Ausstattung der privaten Haushalte mit DAB+-Radiogeräten stieg - für Rheinland-Pfalz und das Saarland zusammen - von 15 Prozent in 2018 auf 21,3 Prozent in 2019. Das entspricht einem Sprung von immerhin 42 Prozent.

Das Vorhandensein von Empfangsgeräten in diesem signifikantem Umfang ist freilich nur eine Seite der Medaillie. Die beteiligten Radioveranstalter wollen klare Kante auch zur Zeitplanung für das Sendernetz und der damit verbundenen
DAB+-Ausstattung.
Grafik: Digi-Bericht Audio 2019 (klicken zum Vergrößern).
Entwicklung der Verbreitungskosten. Wie sich zeigt, ergeben sich Übereinstimmungen und Vertragsarbschlüsse nicht automatisch. Dafür hatte die LMS zunächst Zeit bis zum 14. November eingeräumt. Aber noch Ende November 2019 wurde zwischen Divicon und einigen Veranstaltern ums Geld verhandelt. Zu dem Zeitpunkt sollen Kuschel.fm und Kraftpaket - das Radio aus finanziellen Gründen abgesagt haben. Zugleich hieß es, mit der Rock Antenne aus Bayern habe sich ein neuer Interessent gemeldet.

Die Medienanstalt Saar wollte das Projekt nicht wieder verschwinden lassen. Der Medienrat gab für die geforderten Sendeverträge einen Aufschub. Der Hauptausschuß werde „bis Ende Januar 2020 darüber befinden, ob die Voraussetzungen für eine abschließende Zuweisung“ der Frequenz an den Plattformbetreiber Divicon vorliegen. Zu der danach angekündigten Entscheidung kam es nicht. „Es gibt derzeit noch fortdauernden Klärungsbedarf“, verlautete Mitte Februar aus der Medienanstalt. Gelingt es Divicon nicht, Radioprogramme in ausreichender Zahl unter ein Vertragsdach bringen, bleibt offen, wie es mit dem Privatradio-Mux im Saarland weiter geht.

Wunsch-Koordination nicht möglich - Projekt gescheitert?

Im März 2020 war von den finanziellen Problemen keine Rede mehr. Stattdessen sagte die LMS das Vorhaben quasi ab: Der zugewiesene Block 11C nur mit „einer deutlich geringeren Leistung“ als angedacht zu betreiben; diese „würde voraussichtlich noch nicht einmal ausreichen, um die Stadt Saarbrücken mit einem ausreichenden DAB+-Signal zu versorgen“. So kommentierte die LMS eine Einrede der Bundesnetzagentur. In deren Listen findet sich ein Sendenetz im Block 11C freilich noch weit später. Die sechs Standorte entsprechen dem Sendenetz des Saarländischen Rundfunks - und schließen daher den SR-Senderstandort Halberg ein. Sie sind mit je 5 kW und einer Programmkennung in der BNetzA-Frequenzliste eingetragen. Die LM Saar und Divicon wollten allerdings vom Schoksberg senden, wo man kostengünstig eine Antenne von Media Broadcast hätte mitbenutzen können.

Das wollte der Medienrat mit Staatskanzlei und BNetzA diskutieren, um „im Interesse der Programmveranstalter für das Saarland eine Lösung entwickeln, die einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb des DAB+-Landesmux zulässt“. Erst im September - und nun mit der LMS-Direktorin Ruth Meyer als Nachfolgerin von Uwe Conradt - folgte die nächste Äußerung: Der Medienrat forderte Divicon Media nunmehr auf, bis Mitte November 2020 „ein technisches Realisierungskonzept einschließlich der Senderstandorte sowie ein entsprechendes ökonomisches Konzept“ vorzulegen.

Die Koordinierung der Wunschfrequenz Block 11C wurde unterdessen nicht geändert. Es bleibt dabei, dass der Block 11C, wie auch Block 9D an den gleichen sechs Sendestandorten (einschließlich SB Halberg) koordiniert sind. Am Schoksberg ist Ende 2020 nur Block 9C koordiniert - allerdings ohne die Möglichkeit der Netzerweiterung. Ein Verzicht auf den Standort Schoksberg und eine Vereinbarung über die Mitbenutzung der Standorte des Saarländischen Rundfunks gestattet eine spätere sinnvolle Netzerweiterung.

Projekt gescheitert - LMS und Divicon geben auf - aufgehoben ...

Im November und nach erneutem Nachfassen bezüglich eines wirtschaftlichen Betriebes des Multiplexes sagten die LMS und Divicon das Projekt am 4. Dezember 2020 ab, weil „die Voraussetzungen für eine wirtschaftlich tragfähige Realisierung derzeit nicht gegeben sind“. Daher gab Divicon Media die Zuweisung für die Frequenz zurück. Verantwortlich dafür seien aber weder die Kosten noch die Frequenzproblematik. Vielmehr bekamen den Buhmann die „Inbetriebnahme eines 2. bundesweiten privaten DAB+-Multiplexes und insbesondere die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für private Radioveranstalter“. Dessen ungeachtet demonstrierte man aber künftige Einigkeit. Die LMS und Divicon erklärten „ihr fortdauerndes gemeinsames Interesse an der Digitalisierung der privaten Rundfunkübertragung im Saarland“.

Immerhin: Die Medienanstalt ließ Radio Salü mit einem blauen Auge davon kommen. Der Saarbrücker Privatsender darf seinen Platz im SR-Multiplex behalten. Diese Zuweisung wurde mit der Formulierung vom Februar und geändertem Datum „bis zur Inbetriebnahme eines privaten DAB+-Multiplexes, längstens bis zum 31. Dezember 2021“ verlängert.

Nachtrag: Small Scale DAB+ als Ausweg aus der Kosten- und Frequenzmisere?

Die Debatten um die Sendekosten und die Koordinierung hatten Kritik am Konzept der Medienanstalt hochgespült: Der landesweite Mux widerspreche dem Vorschlag eines kostengünstigen Small Scale Modells für den Raum Saarbrücken, das einige Teilnehmer des Calls for Interest geäußert hätten.

Im April 2020 wurde ein Small Scale Konzept von Radio Saarschleifenland für das Merziger Becken bekannt. Die Sendetechnik wurde, die eigene Betreiberschaft vorausgesetzt, mit einmalig 7.000 Euro kalkuliert und andere Interessenten könnten, abhängig von der geforderten Bandbreite, für monatlich 200 bis 400 Euro Sendekosten einsteigen. Geschäftsführer Jan Lüghausen orientiert sich an den Modellprojekten in Sachsen und Schleswig-Holstein. Er stellt sich eine Laufzeit von drei Jahren mit Option auf weitere zwei Jahre und anschließendem Regelbetrieb vor. Zudem will er - auch mit einem zweiten eigenen digitalexklusiven Programm - ermitteln, wie Privatradios sich auf DAB+ engagieren können. Mehr dazu wurde bis November 2020 nicht bekannt.

Die (Vor-) Vorgeschichte

Radio Salü hatte 2012 als einziger Bewerber eine Zuweisung für einen Platz im SR-Mux bekommen. Die Zuweisung wurde später bis Ende 2019 verlängert. 2016 war Kraftpaket - Das Radio zwar für DAB+ zugelassen worden, eine Zuweisung gab es aber nicht.

Mitte 2017 lag die DAB+-Verbreitung laut einem Bericht der LMS bei 13,1 Prozent - trotz des Fehlens der im Land basierten Radios - sogar geringfügig über dem damaligen Bundesschnitt von 12,6 Prozent. Vor dem Hintergrund lancierte die LMS ein Interessenbekundungsverfahren. Darauf meldeten sich immerhin 13 Radios und drei Sendenetzbetreiber mit Statements. Das sah die LMS als „deutliches Zeichen für die Attraktivität des Digitalstandortes Saarland“ und einen Beschluß, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die „Radiovielfalt für alle Generationen im Saarland digital sicherzustellen“.

Weitere Überlegungen mit offenbar politischem Hintergrund betrafen einen „Kommunikationsraum Saar-Lor-Lux“. Die dafür notwendigen internationalen Absprachen führten letztlich zu Vornbereitungen für eine Anmeldung weiterer Frequenzen, um für „regionale und interregionale Versorgungsituationen“ mit Frankreich und Luxemburg sowie mit Rheinland-Pfalz gerüstet zu sein.

Weitere Informationen:
Hier werden allgemeine Meldungen gelistet. Links zu Infos über Ausschreibungen, Aufschaltungen usw. finden sich auf den Senderseiten für Saarland.
LMS und Divicon geben den Saarland-Mux auf vom 4.12.2020.
Was wird aus dem Saarland-Mux? vom 17.11.2020.
Spekulationen um Privatmux für das Saarland vom 22.4.2020.
Verzögerung wg. Koordination beim Saar-Mux vom 6.3.2020.
Saarland-Mux weiter mit Finanzierungsproblem vom 10.2.2020.
Finanzierungs-Probleme beim Saarland-Mux vom 2.12.2019.
Ist der Saarland-Mux gefährdet? vom 18.11.2019.
Media Broadcast zu Aufgaben beim Saar-Mux vom 16.9.2019.
Divicon betreibt Saarland-Mux mit 10 Radios vom 13.9.2019.
Neun Radios wollen in den Saarland-Mux vom 16.5.2019.
Ausschreibung im Saarland vom 17.3.2019.
Saar-Privatmux mit Media Broadcast in der Spur vom 12.2.2019.
Ausschreibung für das Saarland 2019 geplant vom 2.10.2018.
Small Scale-Initiative für das Saarland vom 20.3.2018.
Saarland-Mux - alle Interessenten vom 8.11.2017.
Saarland-Mux in der Diskussion vom 2.11.2017.
LMS startet Verfahren für Interessenbekundung vom 1.9.2017.
LMS will Programmausbau vorbereiten vom 31.8.2017.
Small Scale-Test auch im Saarland? vom 11.1.2017.
Neues Programm fürs Saarland zugelassen vom 16.9.2016.
Radio Salü weitere fünf Jahre über DAB+ vom 21.11.2014.
Radio Salü einziger Bewerber vom 29.12.2012.
LM Saar schreibt für drei Programme aus vom 29.12.2012.

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