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Automatischer „Handover“ im Auto

Überallfernseh-Logo Mehrtuner-Diversity auf der Empfangsseite löst das Problem der Empfangsqualität im Auto wunderbar. Ärgerlich sind aber nach wie vor lange Umschaltzeiten, wenn man ein Versorgungsgebiet verlässt und in ein anderes einfährt. Die langen Umschaltzeiten sind ein gravierender Nachteil beim Fernsehen im Kfz (auf der Rückbank, versteht sich).

Die Verbreitungsregionen für DVB-T sind vergleichsweise klein. Und bei Grafik: Deutsche TV-Plattform jedem Wechsel des Einzugsbereichs muss per Suchlauf ein neuer Kanal für das eingestellte Programm (sofern es bundesweit ausgestrahlt wird) gesucht werden. Üblicherweise gibt das erstmal ein „schwarzes Fernseh-Loch“. Ist man z.B. auf der Autobahn von Flensburg nach München unterwegs, durchquert man elf Versorgungsgebiete (siehe Grafik rechts). Jeder Wechsel kündigt sich durch Bildstörungen unangenehm an. Dann heißt es: Suchlauf starten. Und das dauert seine Zeit, weil im Prinzip das gesamte Frequenzspektrum - also 40 Kanäle - gescannt werden muss, um die Programme des neuen Empfangsbereiches im Gerät zu speichern. Danach müsste man das zuvor gesehene Programm finden und auswählen ... Zudem könnte auf bis zu 20 Prozent der Route der Empfang eingeschränkt oder gar unmöglich sein.

Viel schöner wäre es natürlich, wenn das alles „wie von selbst“ ablaufen würde. Dafür müssten dem Empfangsgerät Informationen aus den mitgesendeten Programmdaten

Hinweis
Recht, Gesetze Die Straßenver-kehrsordnung verlangt im § 23(1), dass Sicht und Gehör des Fahrers nicht vom Verkehrsgeschehen ab-gelenkt werden dürfen. Die von der Autoindustrie angebotenen Displays für die Frontkonsole schalten daher Bild bzw. Bild und Ton bei etwa 6 km/h ab. Das betrifft nicht Geräte für die Rückbank-Passa-giere. Ist das Fernsehen am Steuer Unfallursache, kann der Versicherungs-schutz erlöschen!


zu den benachbarten Versorgungsgebieten bekannt gemacht werden. Wird das Empfangssignal schwächer, könnte automatisiert auf den nächsten bekannten Kanal mit dem gerade gesehenen Programm umgeschaltet werden. Das würde das „schwarze Fernseh-Loch“ erheblich verkürzen.

Im Mai 2011 stellten die Deutsche TV-Plattform und das Institut für Rundfunktechnik eine Methode dafür für einen solchen automatischen „Handover“ vor.

Neue Datenbank zum Abgleich der Senderinfos

Vom Grundsatz her lässt sich das ziemlich einfach regeln. Denn in den Datenbankstrukturen, die für das terrestrische Digitalfernsehen standardisiert sind, ist alles Notwendige für den „Handover“ schon angelegt. Offenbar ist es aber in der Praxis etwas komplizierter. Wie zu erfahren ist, werden die Programmkennungen jedoch recht uneinheitlich verwendet: Es gibt mehrfach vergebene Kennungen für unterschiedliche Programme ebenso wie unterschiedliche Kennungen für das gleiche Programm - jeweils in verschiedenen Versorgungsgebieten. Daher ist ein Abgleich dieser Daten die Voraussetzung für alles Weitere.

Dafür wurde eine übergreifende Datenbank angelegt. Diese ist bis auf einige Nacharbeiten komplett und soll prinzipiell auch die Weiterleitung bei regionalen und lokalen Programmen ermöglichen. Was wohl nicht ganz einfach war, bedenkt man, dass z.B. der WDR seine acht Lokalzeiten parallel über unterschiedliche Multiplexe und mittels PMT in andere Dritte Programme eingebettet ausstrahlt.

Eine solche Datenbank gibt es inzwischen für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Wird sie ins Sendesignal integriert - was inzwischen geschehen ist -, ist das „Wissen“ über die benachbarten Versorgungsgebiete samt der dortigen Programmbelegung auf der Empfangsseite verfügbar. Laut der Deutschen TV-Plattform, funktionierte das Ganze bei Testfahrten gut - wie es heißt mit handelsüblicher Fahrzeug-Erstausstattung eines BMW. Ob ein Software-Update notwendig ist, ist im Moment noch unklar. Die Autohersteller, die mit im „Handover“-Boot sind, werden für ihre bisherigen Kunden im Zweifelsfall sicher etwas tun.

Klar sein sollte aber, dass Autoempfänger mit Mehrfachtunern (die Autoindustrie bietet inzwischen längst nicht mehr Doppel-, sondern Drei- und Vierfachtuner als ab-Werk-Sonderausstattung an) den „Handover“ beschleunigen, weil im Hintergrund die Daten bearbeitet und der neue Sender frühzeitig eingestellt werden kann - bevor die ungeliebten Klötzchen auf den Schirm gelangen. Weiter optimieren lässt sich die neue Funktion, wenn der Fahrzeug-Standort über GPS mit dem des nächsten Sendeturms (also über Geodaten im Sendesignal) koordiniert würde. Das scheint aber einer künftigen Gerätegeneration vorbehalten.

Dauerhaft funktionieren wird ein automatischer „Handover“ aber nur, wenn die Zusatzdatenbank dauerhaft auf dem aktuellen Stand gehalten wird.

Perspektiven: DVB-T2 und HbbTV im Fahrzeug, Internationalisierung

Interessant ist der „Handover“ im Zusammenhang mit künftigen DVB-T2-Sendungen. Nicht nur, weil die neue Datenbank bruchlos von DVB-T nach DVB-T2 übernommen werden kann. Mit DVB-T2 können dank PLP unterschiedlich konfigurierte Programme in einem Kanal verbreitet werden. Denkbar wären zum Beispiel Mobilitätsdienste. Diese beanspruchen sicherlich nicht die komplette Bandbreite eines Multiplexes; unter DVB-T2 könnten sie mit „normalen“ Fernsehprogrammen in einem Multipßlex ausgestrahlt werden - mit den für den jeweiligen Zweck praktikablen Sendeparametern. Nicht nur wenn solche Dienste bundesweit konzipiert sind wäre der „Handover“ sehr nützlich.

Solche neuen Dienste kommen im Übrigen auch dem Ziel der Autoindustrie entgegen, die Vernetzung mit Verkehrsinfos und Unterhaltungsangeboten weiter voranzutreiben und daher u.a. an den „Handover“-Tests mitwirkte. Die Daten eines Mobilitätsangebots könnten über die Handystrecke transportiert und mit dem DVB-T(2) Signal verkoppelt werden. Damit wird die TV-Bandbreite (also letztlich die Bildqualität) geschont.

Nach der jetzt laufenden Integration in Heimfernseher bietet sich damit in der Hörfunk-Unterstützung ein weiteres Aktionsfeld für den Interaktiv-Standard HbbTV. Entsprechende Multistandard-Empfangsgeräte sind in der Autoindustrie bzw. bei deren Zulieferern in der Entwicklung. Der Bayerische Rundfunk verbindet Hörfunk und Mobilfunk derzeit testweise über Apps, um so „Visual Radio“ - also Radio mit Grafik-Zusätzen - möglich zu machen. Das IRT hatte bereits auf der IFA 2009 Radiooptionen von HbbTV demonstriert - im Zusammenwirken mit Satellitenradio.

Die Mitwirkung der Schweiz (SRG) und Österreichs (ORF) am „Handover“-Projekt deutet an, dass auch international Einiges gehen könnte (auch wenn nicht ganz klar ist, wohin z.B. von der ARD bei der Einfahrt in ein Nachbarland umgeschaltet werden sollte). Eine „Europäisierung“ könnte in Zusammenarbeit mit der EBU geleistet werden.




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